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2. Reisebericht Teil 2 von Dr. Traudel Schippert Mai 2021

Updated: Aug 17, 2021

12.5. Es gibt eine Liste mit den Namen der Kinder , die entweder dringend eine neue oder zum 1. Mal eine Zahnbürste brauchen. Sonie gibt mit 16 Bürsten, 18 Namen stehen auf der liste. Ich geh also zu den Kindern und lass sie eine neue Zahnbürste wählen- und prompt fangen andere an zu weinen, weil sie keine neue Zahnbürsten bekommen! (Das sag ich Sonie- sie wird nochmal welche nachkaufen.) Das möchte ich gerne mal in Deutschland erleben! email-check: ich komm in Gmail rein!

Kleine Andacht zu Himmelfahrt und dann Ausflug mit den 13 Großen zu einem Bach. Es ist ganz schön weit, deshalb fährt uns Anke ( 2 Fuhren) den größten Teil des Weges hin auf sehr holperigen Straßen. Auf einem Hügel steht eine Haitianische Kiefer, die angeblich fast ausgerottet ist, weil das harzdurchtränkte Holz als Kienspan benützt wird. Das Bachbett ist sehr seicht, die Straße führt durch, aber zu einer Seite hin wird es tief und breit, so daß man gut drin schwimmen könnte. Und tatsächlich kommt ein ca 10-jähriger nackiger Junge, der allerdings schnell umkehrt und in einer Unterhose wiederkommt und dann ausführlich taucht und im Wasser rumplanscht. Dann geht es beim Haus von Mona´s Vater vorbei , ( er begrüßt uns kurz, hat eine Kuh mit einem Kalb, ein sehr mageres kleines Kind sitzt auf dem Boden und schaut uns mit großen traurigen Augen an) auf einem schmalen Pfad in Gänsemarsch den Hügel hoch. Marianne vorne, ich hinten. Es ist eine wunderschöne Gegend mit Ananaspflanzen, Bananenstauden, ( Bananen heißen hier Figue und Banane sind Kochbananen), Palmen und einer Menge mir unbekannter Büsche und Bäume. Immer mal wieder eine kleine Hütte mit einem Wellblechdach und 2,3 Hühner. David geht immer langsamer, damit er hinten ist und will immer an meiner Hand gehen. Irgendwann wird das fast lästig und ich scheuch in vor und sag, er soll schneller gehen. Marianne gibt den Kindern eingepackte salzige Kekse zum unterwegs essen, aber ich schrei nach einer Pause! Es ging immer bergauf und ich bin außer Atem, wahrscheinlich als Einzige. Also setzen wir uns und ich sag den kids, ich will kein Plastik auf dem Boden sehen, es wird alles mitgenommen. Prompt wirft einer die Plastikverpackung hinter sich. Ich sag ihm, das holst du sofort wieder , halt ihn an einer Hand fest, weil es sehr steil runtergeht und er holt die Verpackung. Danach gibt´s nur noch 2 aufzulesen. Das ist hier leider so üblich, daß man den Abfall einfach fallen lässt. Wieder Hügel runter, an Ananas“plantagen“ vorbei, dann über einen kleinen Bach mit sumpfigem Ufer. Zu Beginn sieht man die Trittsteine noch trocken, aber nach dem 5. Kind sind die rutschig und schlüpfrig. Das Ufer nach jedem Kind, das rüberspringt, auch. Cindy rutscht vom Stein ab, landet im Sumpf und zieht den Fuß ohne Sandale wieder raus. Marianne ist der rettende Engel, zieht erst das Kind auf´s feste Ufer und angelt dann die Sandale. Ich als Letzte zieh erst mal meine Ledersandalen aus und reich sie ihr rüber, rutsch dann auch vom Stein ab und lande bis zur Wade im Schlamm. Sie zieht auch mich rüber und schöpft dann mit einer leeren Flasche sauberes Wasser, daß wir und den Schlamm abspülen können. Wieder einen Berg rauf und dann sehen wir von oben die Gebäude von menkontre. Wieder zuhause geh ich erst mal duschen. Essen: Boule, Süßkartoffeln, Yams und Kraut in–? na was wohl?—Bohnensoße! Wenn ich wieder in Deutschland bin, gibt’s bestimmt für 1 Jahr keine Kidneybohnen bei mir zum Essen. 15 MinutenBeine hoch, dann stehen 13! Leute zur Behandlung vor dem Tor. Chorprobe: Anke hat 3 Lieder rausgesucht und übt als erprobte Chorleiterin jede Stimme einzeln. Ketlie, Altagrace und ich sind im Alt, Jameson und Luksay im Bass, Anke Tenor und die Kids mit Ronise Sopran. Die singen richtig gut!! Ich fang um 15.30 mit dem 1. Kind an( Husten Fieber,Bauchschmerzen) und dann machen wir in 2 Zimmern weiter, ich im Klassenzimmer mit einer Matratze auf 2 Schultischen als Untersuchungsliege. 1 apathisches kleines Kind mit Fieber seit 10 Tagen, eines mit „vielen Wunden überall“ ( hat infizierte Krätze). Dann kommt eine Frau schwankend mit 40°Fieber , die wird stationär aufgenommen. Kein Husten, kein Durchfall, Urin unauffällig, Sono auch. Anke hat den dringenden V.a. Thyphus. Ich hab Thyphus immer mit Durchfall in Verbindung gebracht, lerne jetzt aber, daß das total falsch war. Kein Durchfall , aber immer andauerndes hohes Fieber und neurologische Symptome sind typisch. Sie bekommt erstmal Infusionen und AB, Eis zum Umschläge machen und Paracetamol . Wir behandeln 9 der 13 Patienten, dann kommt eine Frau zur Entbindung und die Anderen werden weggeschickt. Ich geh ins Bett und Anke „schläft“ auf der Liege im Büro.

14.5.Ein kleines Mädchen wurde um 22 Uhr geboren, so kam Anke doch zum Schlafen. Die Frau im Zelt hat immer noch 39,2 axillär trotz AB und Paracetamil. trinkt jetzt endlich mehr, schwankt beim Sitzen. Sie bekommt zusätzlich Ceftriaxon, auch wenn wir davon nur noch wenig haben. Anke bekommt einen Anruf: unser Zuckerpatient liegt ohnmächtig zuhause. Er wird mit Mototaxi hergebracht: Fahrer vorn, dann der ohnmächtige Mann, dann ein Begleiter , der ihn festhält, damit er nicht runterfällt. Mit dem Tragetuch reingebracht. Zucker 21– Glucose gespritzt—dann kommt er zu sich. Bekommt Serum oral ( ist Zucker und Elektrolyte drin) zu trinken und bleibt erstmal zur Überwachung da. Notfall: wieder wird jemand bewußtlos reingetragen: Mann 30 Jahre als, Haut und Knochen. Blutzucker 418 .Er war im November im KKH, dort wurde ihm gesagt, er habe Zucker. Tabletten seien schon lange aus. Wir haben nur 30/70 er Insulin bekommen, spritzen ihm25 IE, legen Infusion , er soll auch viel trinken! Nach 1 ½ Stunden ist der Zucker auf 246 gesunken, gut. Die Frau mit fraglichem Thyphus sitzt schwankend auf ihrem Stuhl, ich kann sie gerade noch auffangen. Immer noch 39,2 axillär. Ich geh zum Korrigieren von Mathenachschreibern und Eintragen in den PC. Das Mittagessen kommt heute um 14.30 Uhr. Das ist für die Großen, die zur Schule gehen kein Problem, denn die essen um 13 Uhr mit den anderen Schülern schon mal einen Teller Spaghetti. Aber die Kleinen haben 1. Hunger und sind 2. müde. Entsprechend ist großes Gequengel und Geheule bei ihnen. Dann kommt der Reis mit Sepinat( Spinat?), Kohl, 1 Scheibe Karotte und 1 Becher Wasser nach dem Essen.

Statt Siesta rechne ich die Punkte in Mathe zusammen. Notfall: Frau nach Schlaganfall mit Halbseitenlähmung und schiefem Mund—Fraxiparin, ASS 100, langsame Infusion. Die gehen zur Neige, wir haben nur noch 2! Dann ist kompletter Stromausfall. Die meisten Erwachsenen haben ein Handy, also auch Licht . Wir klappern alle Sicherungen ab: alles ok, wir wissen nicht, an was es liegt. Anke ruft Hugo an, der meint, wir sollen bloß nicht den Elektriker aus Beaumont rufen, der mache alles nur schlimmer, er kümmere sich drum. Bettzeit.

15.5. Der dünne Mann ist über Nacht gestorben und wird von den Angehörigen im Tuch rausgetragen. Die Frau mit Schlaganfall hat sich die Braunüle rausgezogen, bekommt Fraxiparin gespritzt und Anke erklärt der Tochter, wie sie die Extremitäten durchbewegen muss. Dann fährt sie mit einer ihrer Hündinnen, die gerade läufig ist weg zu einem Rüden, um sie decken zu lassen. ( der hatte kein Interesse, eher Angst vor Anke, war also nix). Sie kommt zurück und ruft, ich soll schnell kommen. Sie ist mit einem jungen Mann im Behandlungsraum, bei dem beide Knie bluten und der stöhnt und jammert zum Erbarmen. Sie musste mit dem Auto bremsen, er hat sie auf dem Motorrad überhohlt und ist dann ca 50m vor ihr auf dem Asphalt gerutscht und gestürzt. Das Motorrad sei kaputt und Anke sei schuld. Er will Anke verklagen und sie soll ihm ein neues Motorrad kaufen Sie ruft Hugo an. Wir desinfizieren die Wunden, 1 großer Sterstrip am linken Knie, Urgotüll-Sag-Verband. Er kann nicht mehr sitzen, muß sich hinlegen. Als Hugo kommt, erzählt er ihm eine andere Geschichte, gut, daß Anke sofort widerspricht und ihre Version erzählt. Hugo redet mit ihm, lacht nur und sagt ihm, er soll gehen und siehe da, er kann problemlos aufstehen . Anke sagt ihm, er könne in 2 Tagen zum Verbandswechsel vorbeikommen. (Das hätte ich ihm nie angeboten, aber na ja, er kam auch nicht mehr. ). Unser Alkohol ist alle. Gut, daß ich ein Fläschchen Desinfektionsmittel dabei habe. Dann kommt eine 15-jährige mit Wehen mit einer Freundin ( oder Schwester?). Das kann dauern. Sie soll viel herumlaufen bei uns. Die Freundin wird nach Hause geschickt, um Bettzeug und Babysachen zu holen. Ist 3 Wochen zu früh dran. Die Kinder sind spazieren, Zeit zum Schreiben, Bett beziehen. Bisher hat keiner die Ursache für den Stromausfall gefunden. Ich mach ein Paar Bilder von den 6 kleinen Mädchen, dann ist meine Foto-Speicherkarte voll. Ich hab ja eine Reserve mitgenommen—und mach Bilder von den Jungs: Ich hol den Film Fifi ( Pippi Langstrumpf mit den Piraten) , sehr zur Freude der Kinder ! Danach kämmen Ketlie und Lucille ( Betreuerin der ganz kleinen Mädchen heute) den Kindern viele kleine Zöpfe mit ein bißchen Öl in den Haaren. Bei dem schwangeren Mädchen tut sich bis 19 Uhr nicht viel. Hoffentlich kommt das Baby nicht in der Nacht, wenn kein Strom da ist!

So, 16.5.Ich bin schon vor 6 Uhr vom Kindergeschrei aufgewacht. Um 7.30 geht´s los zur Kirche.5 Erwachsene mit je 2 Kids. Katholischer Gottesdienst. Sonie leitet den Chor, alle Sängerinnen haben das gleiche an. Sie freut, sich sehr, mich zu sehen. Auch Valeur begrüßt mich. Er ließt in der Bibel und kümmert sich ums Mikrofon. Ich kann nur sehr sporadisch der Predigt folgen .1 Mann wird ohnmächtig von 4 Leuten ins Freie unter ein Dach getragen und ich werde dazu geholt. Puls ist gut gefüllt und regelmäßig, also frag ich nach Wasser und Tuch zum in den Nacken legen. Da gießt ihm eine Frau eine halbe Flasche über´s Gesicht und dann den Nacken runter. Er ist sofort klar und schimpft mit ihr, was das Zeug hält, weil sein ganzes Hemd nass ist. Ich geh wieder rein in die Kirche und höre endlosen Ankündigungen zu( ca ½ Stunde) : Kulturfest, Fest in der Schule, Wahlen, Pfingstfest,Hochzeit, Fahnenfest,Wahlen… Für mich hört sich das so an, als würde der Pastor sehr gerne sehr viel reden, aber Anke meint später, wenn sie eine Impfaktion durchführen würde, dann würde sie das auch in den Kirchen ankündigen lassen. Valeur sagt Altagrace, dass sie in der Kirche bleiben soll. Wie nehmen „ ihre“ 2 Kinder mit zurück.

Die Schwangere hat immer noch alle 2 Minuten kurze Wehen. Die Frau mit Schlaganfall darf mit Fraxiparin nach Hause, die Angehörigen haben gelernt, wie es zu spritzen ist und wie Arm und Bein bewegt werden solle,. Die Frau im Zelt darf auch nach Hause, ihre Temperatur ist auf 36,3 runter und si wird auf Antibiotikatabletten umgestellt. Beide wohnen in der gleichen Gegend von Beaumont und Anke meint, ich soll sie doch heimfahren. Also sag ich ihnen, daß sie packen sollen und—es ist kein Auto da. Ein Angestellter von Hugo würde das Auto bringen , es sei in 20 Minuten da—ich frag bloß deutsche oder haitianische 20 Minuten??nein, nin , 20 Minuten. Und tatsächlich ist es schon nach 15 Minuten da! Die Gelähmte Frau kommt mit dem Tragetuch auf den Beifahrersitz, der Rest steigt hinten ein. Ich fahre von der geteerten Straße ein kleines Stück herunter, weiter geht es nicht mit dem Auto. Die Begleiterin der gelähmten Frau ruft ein paar Leute wegen dem Gepäck , nimmt dann die Frau huckepack und läuft mit ihr davon. Die andere Frau bedankt sich und geht auch nach Hause. Zurück im Waisenhaus sitzt die Schwangere oben ohne da und wäscht sich in der Sonne, da niemand von den Frauen was sagt, sag ich auch nichts. Um 11 gibt es als „ Gouté“ wieder das gute Anisgebäck. Dann Geschrei von Draußen: ein Mädchen hat dem andern mit einer Wäscheleine an die Beine gehauen, als ein anderes Kind kommt, der auch, beide laufen weinend weg. Ich nehm ihr die Schnur ab und sag ihr, daß sie beim nächsten Film nicht zuschauen darf, da ist sie kurz davor, loszuheulen. Für mich gibt es nicht mehr viel zum korrigieren, aber Anke hat 2 Klassen fertig, die ich in den PC eingeben kann. Und sie zeigt mir, wie ich meine Bilder auf einen Stick übertragen kann, damit ich wieder genug Speicher für so viele Fotos hab, wie ich nur machen will, super! Ein Kind versucht sich im Seilhüpfen mit einer Liane, klappt nicht so richtig. Ich weiß schon eine ganze Menge an Sachen, die man den Kindern mitbringen könnte . Ich muss nochmal auf den Markt, ein Fußball und ein Hüpfseil oder ein Seil zum Schwingen müsste es doch vielleiht auch hier geben!?

Im Gymnasium nebenan ist ein Wettbeweb unter den zwei besten Gymnasien ( Katholisches gegen Baptistisches) Ich höre mir das eine Zeit lang an. Jeweils 4 Schüler strecken die Köpfe zusammen und rechnen und 1 davon ist der Sprecher und sagt das Ergebnis. Die Aufgaben werden gezogen, somit läuft alles gerecht zu. Aufgaben z.B.: Was ist 2/3: 1/5 , 45 Sekunden Zeit Das war bei und in der 5. oder 6. Klasse dran und jetzt beim Wettbewerb der beiden besten Gymnasien in der 9.Klasse? Ich kann´s nicht glauben, als die Antwort falsch ist und geh wieder zurück.

Anke lässt 2 Ampullen Oxytocin von der Apotheke bringen, weil der Herzschlag des Babys nach unten geht. Trotz Bedenken hängt Anke den Tropf an. Gefahr: wenn es zu lange noch geht, kann das Baby sterben, evtl ist die Nabelschnur um den Hals des Kindes, auf der anderen Seite kann der Uterus reißen, ein Kaiserschnitt ist hier nicht möglich,….Bis 22 Uhr noch kein großer Erfolg. Anke bringt ihre Decke ins Büro, wird dort übernachten

17.5.Es hat heftig geschüttet. Die rite Erde haftet hervorragend an den Sohlen und nicht nur da. Ich tausche meine neue Ersatzzahnbürste gegen eine gebrauchte, um damit in die Ritzen der Schuhe zu kommen und wasch sie mit viel Regenwasser sauber. Ich stell sie zum Trocknen in mein Zimmer, auch wenn die Sonne jetzt rauskommt—ich lass keine Schuhe mehr vom Hund fressen! Großes Gequieke draußen: es wird ein Eber gebracht, der unsere große dicke Sau decken soll, aber er schafft es nicht, auch als Anke ihm helfen will Entweder ist sein Penis zu klein oder sie ist zu groß und zu fett .. Es ist ein Bild zum Schreien!! Hoffentlich werden die Fotos gut. Ich geh in den Behandlungsraum, nehme mein gutes Öl mit und kratze mit einem alten Skalpell , Stahlwolle und einer kleinen Drahtbürste Rost und ? von vielen Scheren und Klemmen ab, da, wo die beiden Teile zusammengeschraubt oder- genietet sind . Dann öle ich sie, putz gut ab und wenn sie wieder gut beweglich sind , kommen sie in den Sterilisator. Um 16 Uhr stehen 8 Leute vor der Türe. Wir suchen 4 raus, darunter 2 Schwangere und schicken die Anderen weg. Die mit Krätze können wir eh nicht mehr behandeln—unser Medikament ist aus. Ein Notfall wird angekündigt: Motorradunfall, ein Finger sei vorne ab. Es ist eine 4 cm lange tiefe Schnittwunde, die mit grünen Blättern umwickelt ist. Das sei gut zur Blutstillung und sei desinfizierend. Anke schimpft, ich würde eigentlich gerne was wissen, wie die Blatter heißen und welche Substanzen da drin sind! Zuerst kommt ein Fingerbad in desinfizierender Lösung für 15 Minuten. Anke macht einen Betäubung unten am Finger ( Oberst) und dann wird genäht.

18.5. Heute ist Fahnentag. Große Aufregung: 2 große Mädchen haben sich Festiger in die Haare gemacht und das ist für Schüler verboten! Im Gegenteil sollen laut Anordnung der Regierung sich die größeren Schüler die Haare flechten um kindlicher auszusehen und so weiteren Schülerschwangerschaften vorzubeugen. Den Kleinen werden die Zöpfchen geflochten, das geht nicht immer ohne Tränen, bis die Felder auf dem Kopf gleichmäßig gekämmt sind. Muss auch trotz Öl ganz schön ziehen. Die Jungs haben kleine Fahnen aus rosa und hellblauer Pappe gebastelt. Wir laufen in 4 Gruppen los, um den Umzug anzuschauen, die Kleinsten fahren mit dem Auto mit. Zuerst schauen wir uns das Artisanal an, ein großer Stand neben der Kirche, auf dem einige selbsthergestellte Dinge aus natürlichem Material ( Bambustasse mit Holzhenkel, Muschelarbeiten, Ketten… als Dekogegenstand ausgestellt sind. Dann gibt es viele Bücher, die angeblich der Grundstock für eine Bibliothek sind. In Beaumont behalt ich meine 4 Jungs und meine Kleine an der Hand gut bei mir, denn es herrscht ein großes Gedränge in manchen Gassen. Wir finden den „Umzug“: ein Auto mit Musik aus riesigen Lautsprechern und vielleicht 30 Mädchen in Uniform, die im Gleichschritt und fahnenschwingend laufen. Dann kommt eine Gruppe Jungs oder junger Männer, alle schwarz angezogen mit schwarzem Tuch vor Mund und Nase, teilweise mit schwarz angemalten Gewehren im Sturmschritt unter Geschrei vorwärtsstürmen- schrecklich. Wir gehen wieder zurück.

Ich geh weiter Instrumente putzen und sterilisieren. Dann gibt es einen Film : Kiriku sehr zur Freude der Kinder! Anke und ich beginnen die Bestellliste zu aktualisieren. Wir werden unterbrochen durch´s Telefon: eine schwerkranke Frau sei mit ihrem kranken Kind vor dem Tor, sie käme nicht allein vom Motorradsitz runter. Kam sie dann doch. Sie hatte eine schwere Gastritis und das Kind einen Harnwegsinfekt. Danach kommt noch eine schwangere Frau im 8. Monat mit einem Urogenitalinfekt und dann machen wir bis 22 Uhr die Bestellisten fertig.

19.5.Anke korrigiert wieder während des Frühstücks- sie will das so schnell wie möglich abschließen, damit die Examensnoten feststehen . Es gibt Kürbissuppe mit heute zerkochten Spaghetti und Nudeln drin. Hugo fährt heute nah Camp Perrain und ich will mitfahren.Ich hab gestern von einem sehr leckeren weißen Fruchtsaft getrunken, den Hugo für Anke mitgebracht habe und muß rennen, daß ich rechtzeitig auf´s Klo komme. Lieber jetzt als später im Auto Anke zieht meine Photobilder auf den Stick- Jetzt kann ich wieder fotografieren. Viele unserer Kinder husten, manche haben Fieber und Schnupfen, manche Bauchweh. Ist sicher ein Virus, deshalb gibt es kein AB, nur Paracetamol, Um ca 11.30 Uhr holt mich Hugo mit Sonie und einer anderen Frau im Auto ab. Wir wollen den Schülern in Camp Perain Nahrungsmittel und einen Gaskocher bringen. Die Straße ist durchgehend neu und geht bergauf, bergab durch wunderschone Landschaft. Viele Bananenstauden, aber die Meisten ohne Früchte. An den Hügeln sieht man immer wieder Rauch von kleinen Bränden. Auf mich macht es den Eindruck, als ob Hugo überall Leute kennt. Er fährt durch ein Dorf, grüßt die Polizisten vor der Gendarmerie, fährt auf der falschen Straßenseite ein Stück und hält dort vor dem Haus, spricht eine Weile mit den Leuten dort und fährt dann weiter. An der neuen Straße stehen schöne Häuser oder auch Hütte aus Plastik mit schiefem Dach. Ich glaub, ich bin eingedöst und schreck auf, als Hugo mich anspricht um mir zu sagen, daß das Camp Perrain ist. Geradeaus geht´s weiter nach Les Cailles, aber wird biegen nach rechts ab und sind auf einer deutlich schlechteren Straße mit „Achsenbrechern“. Hugo biegt in einen Hof ein, in dem man Gasflachen auffüllen kann. Das Büro ist in einem ehemaligen Container, ein großer Gastank im Freien mit einer Füllstelle mit Zähler. Beide Flaschen werden befüllt, dann geht es weiter rechts, nochmal rechts und dann nochmal recht , Wir halten vor einem Tor in einer Mauer und sind da. § Häuser, eins für Mädchen, 1 für Jungs und 1 zum kochen. 3 Mädchen und 1 Frau begrüßen uns. Hugo schraubt den neuen Gaskocher zusammen, aber es gibt keinen Schraubenzieher. Also nimmt er ein Messer, damit geht es zwar mühsam, aber auch. Ich mach Bilder vom Haus und darf auch, nachdem ich gesagt habe, daß die Photos für die Leute in Deutschland sind, die für sie jeden Monat Geld geben, auch von ihnen Photos machen. Gut ist, daß ich ihnen die Bilder zeigen kann und auch löschen, wenn sie ihnen nicht gefallen. Leider strömt aus beiden Flaschen Gas aus. Ich weiß ja nicht, ob sie nur zu voll sind, oder das so bleibt und bin froh als ich sehe, daß die Gasflasche außerhalb des Koch-Hauses bleibt. 1 Haus, das bisher für Jungs war steht leer. Dann geht´s auch schon wieder zurück. Ich sehe Mangobäume voller Mangos , Leute, die sie am Straßenrand verkaufen wollen und mehr als doppelt so große rund grüne Früchte, die ich nicht kenne. Es sind Veritables, aus denen der leckere Fruchtsaft kommt. Wieder immer mal Rauch an den Berghängen. Eigentlich regnet hier ja täglich, ich kann mir also nicht vorstellen, warum es da brennt.

Wieder zurück warten vor dem Tor mindestens 20 Leute. Das wird langsam viel zu viel, eigentlich ist das hier ein Waisenhaus mit Schule und kein Krankenhaus. Anke hat gesagt, daß 5 der Patienten behandelt werden, die anderen sollen ins Krankenhaus Ich behandle 2 Kinder, Anke 2 Schwangere und 1 Frau mit dickem Bauch: Herzinsuffizienz mit Aszites und Pleuraergussbeidseits ( Wasser im Bauch und der Lunge). Pleurapunktion: es fließt 400 ml ab, Furosemid und Hydrochlorothiazid, Enalapril, mehr können wir nicht tun. Sie war im Oktober schon mal hier wegen Herzinsuffizienz. Dann im KKH in PaP, dort hätten sie nichts gemacht.. Die Liste der Medikamente hatte sie jemand gegeben, der die Medis in der Apotheke abholen sollte und dann nicht mehr zurück bekommen. Seither habe sie nichts mehr. Sie kommt ins Zelt. Mme Karlin näht die Liege für den Mann wieder, damit der Stoff nicht weiter reißt. Dann wird ein Kind mit Ellbogenfraktur angemeldet. Ein Mädchen wird aus Fontranquil gebracht, ist umgeknickt und jetzt ist V.a. Fraktur. Anke untersucht: kein Bruch, aber eine starke Zerrung am Sprunggelnk. Sie hatte früher eine Entzündung im Hüftgelenk, hatte damals lange Schmerzen und musste an Krücken gehen, entsprechend Angst hat sie jetzt.. Sie bekommt eine gut gepolsterte Schiene und Krücken und darf bei der Köchin im Bett schlafen. Die beiden kleinen Jungs, die bisher dort schliefen, kommen zu den größeren Jungs. Wir haben keine Matratze mehr frei. Die großen Mädchen unten schreien sich an—ich flüchte zu den Jungs nach oben.

20.5. Sehr früh vom Grunzen der Schweine und Hundegebell aufgewacht. Von Ausschlafen kann ich hier nur träumen. Spaghetti zum Frühstück, dann ist die Dusche frei für mich. Matheexamina: Punkte zusammenrechnen und dann eintragen in den PC. Der Stapel bei Anke wird kleiner. Ich beginne meinen 1.Reisebericht zu schreiben., spiele ein bißchen mit den Kleinen und zieh mich dann um. Um 5 fängt das Geburtstagsfest bei Hugo an, er ist 50! Wir sind pünktlich da, frotzeln noch unterwegs, daß wohl keiner so früh da ist wie wir und sind tatsächlich die Einzigen außer dem kleinen Bruder von Hugo. Der sagt uns, da Fest beginnt erst um 7 Uhr. Also fahren wir wieder zurück. Anke ist froh, noch etwas korrigieren zu können. Ich behandle ein Kind mit Fieber. Dann bringen wir das Mädchen mit Krücken zurück nach Fontranquil und sind 10 nach 7 bei Hugo. Die Geburtstagsmesse ist in vollem Gang. Wir werden von Sonie an einen Tisch ganz vorn aber weit weg vom Lautsprecher gesetzt. Gut so! Nach ca 10 Minuten läutet Anke´s Telefon: schwerer Unfall mit Toten und Verletzten—sie fährt los. Nach der Messe hält der älteste Sohn von Hugo eine bewegende Rede, der kleine rezitiert auswendig einen Text ohne Socken und die Tochter singt zur Musik von „ joyeuse anniversaire“. Eine 2-Mann-Band spielt Gitarre und Bongo und singt. Es werden Vorspeisen gereicht ( irgendetwas dunkelbraunes und scharf gewürzte wird auf ein kleines Brötchen gestrichen. Nüsse ( Cashew und Erdnüsse) hingestellt. Mein Nachbar behauptet, es seien Pinienkerne, aber da hat er auch schon fast eine halbe Flasche Scotch Whisky intus. Sonie sitzt zum Glück neben mit und bringt mir ein kühles Bier. Photoshooting der Familie und Hugo und seine sehr schöne und sympathische Frau „ Mme Hugo“ bei der Reifentorte…. Wäre schön, wenn er von ein paar Bilder einen Abzug bekommen könnte!.Dann gibt es Essen und ich soll mir tatsächlich als Erste nehmen—ist mir etwas peinlich , aber ich glaube, niemand soll vorgezogen werden und nach mir drängen sich die Leute ohne mir ersichtliche Reihenfolge. Das Essen schmeckt sehr gut, sogar das Fleisch ist zart! Irgendwann kommt Anke, da läuft aber längst DVD-Musik- und ißt ein bißchen was. Die Musik ist aufgedreht, die Leute unterhalten sich laut schreiend und alle außer uns beiden sind glücklich dabei—wir fahren bald zurück. Ein Bus aus PaP hatte wohl schlechte Reifen, unterwegs schon 2x eine Reifenpanne und ist dann umgekippt. Ein Mensch unter dem Bus war tot, einer schwer verletzt wurde mit der Ambulanz ( gibt es ganz neu in Beaumont, wurde von jemand gespendet) ins Krankenhaus gebracht und Anke hat 5 weitere mit leichteren Verletzungen zu uns gebracht und versorgt. 1 Frau mit starker Schwellung am Hals liegt im Zelt, die Andern im Klassenzimmer. Die übrigen Leute vom Bus schlafen am Straßenrand.

21.5. Kaffee und Eintopf. Der Pleuraerguss ist schlimmer als zuvor—Punktion von 600 ml. Die Schwellung am Hals ist deutlich zurückgegangen, aber fürs´ Motorradtaxi war die Stauchung doch zu stark, außerdem sind wahrscheinlich ein paar Rippen ( an)gebrochen. Anke bringt die 4 Anderen zur Straße vor, wo der Bus abfährt. Ein Schüler wird gebracht: ist ohnmächtig geworden und umgefallen. Er liegt so da, wie man ihn hingelegt hat, der Arm bleibt in halber Höhe, Augen starr nach unten blicken geöffnet ohne Lidschlag. Diazepam5mg-Rectiole, nach 10 Minuten die zweite. Echt krass: man kann die Extremitäten locker bewegen und wenn man sie loslässt, bleiben sie genau so. Hab ich noch nie gesehen. Die Großmutter wird gerufen ( Er und 2 Geschwister leben bei der Oma. Die Mutter ist irgendwann weg) –der große Bruder kommt. Der Junge kommt zu sich, sagt er habe Hunger! ( BZ ist 101)Nachdem er 2/3 der gefüllten Teigtasche gegessen hat, will er den Rest seinem Cousin, der auch hier in der Schule ist, der habe auch noch nichts gegessen. Aber es heißt: mange!, also ißt er auf. Eine halbe Stunde später geht´s ihn gut und er geht mit seinem Bruder nach Hause. Ich habe keine Ahnung, was er hatte, war angeblich noch nie so. Neue Katastrophe: eine Schwangere zur Entbindung kommt mit bereits 4 cm offenem Muttermund hat ein Kind mit Hydrocephalus im Bauch und muss dringend zum Kaiserschnitt in ein Krankenhaus! Hugo fährt sie nach Jeremie und nimmt auch gleich die Frau vom Unfall mit. Mittagessen mit Reis und –na?- Bohnen! und den dicken Hörnchen, die leider schon wieder matschig gekocht sind. Es gibt eine Köchin, die macht sie fast bißfest, so wie ich sie liebe und eine andere, bei der alles verkocht ist. Starkregen—ok, gibt´s Siesta. Dann kommt das vor 2 Tagen angekündigte Kind mit der Ellbogenfraktur und bekommt einen circulären Kunststoff“gips“, weil der Arm schon abgeschwollen ist. Die Eltern bringen ein Röntgenbild mit, das dermaßen blass ist, daß man den Riß im Knochen nur ahnen kann. Die Gipsschiene war so festgebunden, daß die Hand geschwollen war.

22.5. Ich fahre nach Fontrankil. Die Jungs sind mit Hacken auf dem Feld und jäten Unkraut. Es soll Kohl angebaut werden. Ich werde von einen Betreuerin herumgeführt, die jedes Pflänzchen zu kennen scheint. Das, was wie Unkraut auf dem Boden aussieht wächst zwar wild, kann man aber essen. Eine „ Ranke“ ist eine Bohne, eine andere Yams . Es wächst : Maniok, Yams,2 verschiedene Bohnen, tomaten, Kürbis, Mais, Weißkohl, Kochbabanen, ein Baum mit 4 Kirschen, ein Mangobaum ohne Früchte 1 Kaffeepflanze, Kokospalmen ein Busch, aus dessen Blättern man Tee macht und einige andere , die als Gemüse dienen, aber eben viel zu wenig, um so viele Kinder satt zu bekommen. Ein paar Hühner und eine Fast volle Palette mit Eiern ( Eine Woche) und Schweine mit Ferkeln. Ein Teil der Teenies flieht vor dem Photo, dann kommt eine Überraschung: die anderen Kinder vom Waisenhaus sind hergelaufen! Ich fahr mit Kettlie und einem Arbeiter einige km zum Holz holen. Na wenn er die schweren Bündel auf dem Kopf hätte hertragen müssen, wäre er 1 Tag schwer beschäftigt. Ein Teil des Holzes ist für uns, dazu noch Hirse für die Schweine und wir fahren damit , einem Karton und den beiden Kleinsten zurück, bevor es regnet. Leider ist Valeur, von dem ich die restlichen Examensarbeiten mitbringen sollte nicht da und hat die Arbeiten eingeschlossen, also leider nix mit Abschluß der Korrekturen, Eintragen im PC, Ausrechnen des Durchschnitts und damit, ob bestanden ist und Ausdrucken für die Eltern –schade!. Vor dem Tor wartet ein Mann neben einem Mototaxi. Er kommt zum Kathederwechsel und weiß laut Anke ganz genau, daß das nicht vor 16 Uhr gemacht wird—also muss er warten, sonst kämen den ganzen Tag über Leute um kurz mal das oder jenes behandeln zu lassen. Find ich in Ordnung, was man anfängt, muss man treiben. Anke hat eine Frau mit wahrscheinlicher Fehlgeburt aufgenommen. Anruf: Unfall. Anke rennt rein, schnappt sich den Notfallrucksack, stopft noch ein paar Binden rein und rennt zum Auto. Ich mit. Beim Tor hält ein Mototaxi mit einem Verletzten drauf und fährt rein, sobald das Tor offen ist, wird aber dermaßen von Anke angeschrien , daß er sofort wendet. Sie dürfen nicht auf´s Gelände fahren! Entweder kann der Kranke mit Unterstützung laufen oder er wird getragen. Er humpelt ins, Behandlungszimmer, hat eine große Platzwunde an der Stirn und vielleicht auch was am rechten Bein. Der andere hat nicht so tiefe Verletzungen. Desinfektion, LA und Naht an der Stirn, ca 4 cm. Dann ziehen wir dem Mann die Hose aus und es zeigt sich eine ca 15 cm tangentiale Rißwunde mit 12 cm tiefer Tasche nach oben . Die Gefäße, Nerv und Muskeln liegen frei. Viele kleine Plastik-und Lacksplitter in der Wunde. Zuerst Lokalanästhesie, dann gründliche Desinfektion, Entfernung aller sichtbaren Fremdkörper, noch mal Naht, dann 2-schichtige Naht mit Drain und Verband. Der Faden aus der DomRep eit eine dermaßen stumpfe Nadel, daß sie sich kaum durch die Haut drücken lässt. Ich hätte doch zu gerne meinen Lieblingsfaden PDS hier! Urgötüll mit Silber, weil daneben eine Schürfwunde ist, Kompressen und Verband..Anke schenkt ihm 1 Paar vom Hund angenagte Sandalen, weil er beim Unfall einen Schuh verloren hat. Danach wird der 2. Patient versorgt und dann bringt Anke die beiden vor zur Straße zum Bus nach Jeremie. Mittagessen: Maisbrei und Bohnensauce, das Lieblingsessen der Kids, die meisten essen 2 große Teller voll. Ich weiß nicht, wo die das hinstecken. Unsere Letzten Examen werden eingetragen- der Rest ist bei Valeur.

4 Uhr: einer Frau ( Köchin bei uns) geht schlecht, Kopfweh und Bauchschmerzen. Sie sieht auch wirklich schlecht aus. Der Blutdruck sei immer im Dispensaire kontrolliert worden und in Ordnung. Ich messe: 220/130! Medikamente seien aus. Bekommt Nefedipin anstatt Enalapril. Sono oB aber Auffälligkeiten bei der vaginalen Untersuchung—Überweisung zum Gynäkologen. Ich werde den Blutdruck in den nächsten Tagen kontrollieren ( war 1x 160/ 110, sonst ok) Bei der Schwangeren Frau zeigt die Sono keinen Herzschlag mehr. Hoffentlich geht der Fötus spontan ab und man muss keine Ausschabung machen! Eine Frau kommt mit starken vaginalen Blutungen. Der Ultraschall zeigt den dringenden Verdacht auf ein Vaginal- oder Uteruskarzinom—Überweisung zum Gynäkologen.

Ich fahr die Betreuerinnen an , weil die kleinen Mädchen trotz Husten und Schnupfen barfuß auf dem Betonboden rumlaufen. Die guten Schuhe seien für den Sonntag gewaschen und würden sonst nach dem Regen gleich wieder schmutzig. Das stimmt, aber es ist kühl, gibt´s kein 2.Paar Schuhe?

23.5. Pfingsten und Geburtstag meines kleinen Bruders. Frühstück: Kaffee mit Milch und ein Rührei auf dem Weckle. Nachtisch: eine kleine Banane! Ein echtes Feiertagsfrühstück! Danach gehen wir in unseren schönsten Kleidern zur Messe. Ich geh mit Cindie und Deborah , Die hat kurze Gummistiefel an, die sie an den Knöcheln reiben und bald humpelt sie. Cindies Sandalen sind mindestens 1 cm zu kurz, sie muss bei jedem Schritt die Zehn einrollen Wir müssen unbedingt die Schuhe durchsehen, die die Kids haben! Anke fährt mit Dieuseul und den Kleinen und Deborah fährt mit zurück. Wieder zuhause geh ich duschen und zieh dann wie alle Anderen auch meine „ Alltagsklamotten“ an. Gouté : wieder das leckere süße Stückchen, jetzt hab ich mir 3x den Namen sagen lassen und hab ihn wieder vergessen! Wir hängen Oxytocin bei der Frau mit dem toten Kind im Bauch an. Dann gibt´s Mittagessen: Wie immer am Sonntag: Reis mit ein paar braunen Bohnen drin, ein Löffel dicke Hörnchen mit Soße, 1 Stückchen Fleisch mit Knochen und Kraut-Karottensalat. Siesta. Viele husten, ich auch. Egal ob Sonntag oder Pfingsten, vor dem Tor stehen Kranke. Ich vehandel eine Frau mit Fieber und Schmerzen im Unterbauch Im Urinstick: Zeichen für Harnwegsinfekt—bekommt Antibiotika ( AB). Eine Frau mit Schmerzen am ganzen Körper: Sono normal Urinuntersuchung und Abhören normal, Klopfschmerz entlang der Wirbelsäule. War nachträglich nichts Schlimmes und schon gar nix für Sonntag. Kam gebückt rein und geht aufrecht wieder raus. Bekommt Ibuprofen. Es gibt hier viele gute Schauspieler! Unserer Frau mit Pleuraerguss geht´s gut und sie wird mit Medis entlassen. Oxytocin hat bisher leider nichts gebracht. Ich schau mit den Kindern ( und ihren Betreuerinnen) wieder eine Pippi Langstrumpf-Film an, dann gibt es einen kleinen Spaziergang mit den Größeren. Als wir wiederkommen, hatte die Frau eine Blutung. Im Ulraschall ist die Gebärmutter bis auf Blut leer- Gott sei Dank! Zum Abendessen gibt es die leckere gefüllte Teigtasche und ich mach mir ein Radler—Prost, Jochen und alle zuhause!!!

24.5.Nach dem Frühstück ( Spaghetti) raumen Anke und ich einen Schrankteil im Behandlungszimmer auf. Dann geht´s ins Büro. Dann fang ich an, die alten Examensordner umzuräumen. Die von 18/19 kommen ganz nach unten, dann die 19/20 und dann die von den ersten beiden Prüfungen des laufenden Jahres 20/21. Es ist auf jeden Fall noch Platz für die jetzigen, aber dann wird´s schon wieder eng. Das ist eine Arbeit von 2 Tagen. Zuerst trage ich die Examensnoten in kleine Zettel für die Eltern ein . Das Wichtigste dabei ist der Durchschnitt. Ab der Hälfte der zu erreichenden Punkte hat man bestanden. Das ist eine Heidenarbeit. Ich schaff ca 1/3, dann geh ich schlafen.

25.5.Nach dem Frühstück bis zum Mittagessen schaff ich das 2. Drittel das 3. macht Anke. Dann heißt es, eine Schülerin habe sich den Bleistift ins Ohr gestoßen. Ich schau mir zuerst das gesunde Ohr an: innen ist alles mit Kuli angemalt. Im andern Ohr ist eine Verletzung innen im Gehörgang, viel Blut und kein Trommelfell, aber zum Glück auch kein Fremdkörper zu sehen. Sie habe das Ohr putzen wollen und ein andere habe auf den Stift geschlagen.. Ich reinige das Ohr , so gut es geht und mach Watte rein—sie darf kein Wasser reinbringen!! und geb ihr Schmerzmittel. Mehr kann ich nicht machen. . Mittagessen: Maisbrei mit brauner Bohnensoße und irgendein schleimig-grünes Gemüse. Schmeckt so lala. Heute mach ich Bilder von vanité. Ich hatte von Anke´s Obstsaft getrunken und schaff es gerade so auf´s klo, mit dem Saft muss man echt vorsichtig sein. Den restlichen Tag bin ich bis auf die Behandlung von 3 Kids( Ohrenschmerzen, eitrige Ohrentzündung und eine böse Bronchitis) mit dem Eintragen der Noten und dem Sortieren der Examensarbeiten beschäftigt. Abendessen: Veritable-Stücke ( die Frucht, aus der dieser prima gute, aber durchschlagende Saft kommt)geschalt, geteilt, dann in etwas Öl rausgebraten und gequetschte Stücke Kochbanane, auch in Öl gebraten, dazu Krautsalat mit heute etwas Chili drin. Dazu Ingwertee—Lecker. Dann geht´s früh ins Bett.

27.5.Vom Schweinegrunzen aufgeweckt. Heute möchte ich Bilder von Sedline machen, aber sie hat Fieber und Kopfweh, deswegen schick ich sie mit einer Tbl. Parpcetamol ins Bett Ich räum den Rest der alter Examensarbeiten ein, dann räume ich mit Anke ein nächstes Fach im Behandlungszimmer auf. Das ( deutsche ) Papier reicht gerade noch für´s Ausdrucken der „ Elternbriefe,“ , also der kleinen Examensergebniszettel; ca 20 Blätter sind noch übrig. Wenn der Container mit dem Papier nicht vor dem nächsten Examen kommt, weiß ich nicht, wie das mit dem Drucken gehen soll. Nachmittags schneide ich mit Luksay den Rest der Examenszettel mit der Papierschneidemaschine. So, dann können morgen die Eltern kommen.

28.5. Morgens um 9 ist Ausgabe der Examenszett. Eine große Menge Eltern stehen vor dem Tor. Vor dem Container sind Bänke für die Eltern und Tische und Stühle für Anke, Valeur und mich aufgestellt. An einem extra Tisch ist jemand, die kontrolliert, ob das Schulgeld bezahlt worden ist. Zuerst hält Valeur eine Rede. Er wurde von einem Vater schwer beleidigt, weil im letzten Schuljahr nicht alle Kinder aufgenommen werden konnten und dieser Vater meinte, das liege an Valeur. Sowas geht ja gar nicht. Ich würde dann wahrscheinlich gar keine externen Kinder in der Schule aufnehmen. Dann kommen dunkle Wolken und das Ganze wird in den Saal verlegt und im Büro dürfen 2 Eltern rein. Die Ergebnisse werden mitgeteilt, auch was gut lief und wo´s klemmt. Manchmal will jemand auch die Ergebnisse für Nachbarskinder mitnehmen, aber das geht nicht. Es kam schon mal vor, daß die Eltern später kamen und die Ergebnisse waren an eine Nachbarin mitgegeben worden, was natürlich eine echt blöde Situation war, seither wird das nicht mehr gemacht. Die Medikamente kommen! Leider fehlt Oxytocin, Benzylbenzoat , fast alle Spritzen und Cefalexin, das wir v.a. für unsere Schwangeren bei Infektionen brauchen. Aber immerhin.

29.5.Anke, Hugo und ich schauen um 7 das Gelände an, auf das das Propangasprojekt soll, Es steht ein Container am Rand, in dem das Büro untergebracht werden soll ( Wie in Camp Perrain). Auf dem Boden ist Erde, wenig Müll, am Eingang schon ein großer Haufen Steine , die hierhertransportiert wurden von unserem Gelände. Der Container macht den Abschluss des Platzes, davor ein Haufen Blätter, mit einigem Müll dazwischen. Der Boden muß aufgefüllt werden, dann Betonplatte drauf, auf Straßenniveau, also ca ½ m höher. Die beiden diskutieren über Drainage, Ich meine, am einfachsten wäre doch eine Mauer hinter dem Container, den anheben, dann Betonplatte und Container wieder drauf. 2 Drainagelocher zum Wasserabfluss zur Strasse hin gibt’s ja schon. Wenn Müll unter dem Beton sei, würde das doch nicht stören. Das Projekt ist genehmigt, die Bezahlung zugesichert. Prima!

Auf der Rückfahrt schau ich mir mit Anke das Gelände an, das menkontre gehört und auf das die Häuser für diejenige gebaut werden sollen, die beim Cyclon alles verloren haben. Sollten sie je ausziehen, gehört das Haus weiterhin menkontre. Jedes Haus soll 2 Zimmer und einen Garten den Hang runter Richtung Beaumont haben. Früher war auf dem Gelände Kaffee gepflanzt und hohe Bäume , inzwischen wurden die bis auf 1 gefällt für Feuerholz von irgendwelchen Leuten. Es ist eine gute Lage: weg von der Straße, nah genug an Beaumont zum Laufen, angrenzend an den Platz, an den eigentlich der „ neue Markt“ hinsollte ( den anscheinend außer dem Politiker keiner will) mit angelegten steinigen Straßen. Außerdem würde es das übrige Gelände hoffentlich davor schützen, daß irgendwelche Leute sich das holen, was sie brauchen, wenn dort Menschen wohnen. Wieder zurück. Es kommt ein Mototaxi extra aus Les Cailles mit einem Thermosbehälter, um uns Oxytocin zu bringen. Fraglich ist, ob die Kühlung die Fahrt auf dem Taxi in der Sonne überstanden hat und das Oxytocin noch gut ist. Nach langer Diskussion nehmen wir es an, weil wir sonst gar keins hätten. Anke hat bei einem Teenie ein Handy gefunden. Das ist für Waisenkinder strikt verboten. Sie nimmt es weg und daraufhin gibt es eine halbe Stunde ein Geheul, das man bestimmt in 10 km Entfernung auch noch hört.

Sonntag 30.5. Um halb 8 gehen einige in die Kirche, die Anderen um 8 zum Spaziergang/ Wanderung. Die großen wollen bis zum Gipfel des gegenüberliegenden Bergs hoch . Nachdem ich das Tempo des Bergsteigens jetzt kenne. bleib ich lieber zuhause , nehme meine Dusche und schreib weiter an meinem 2. Reisebericht. Es herrscht eine himmlische Ruhe hier—auch mal schön! Als die von der Kirche zurückkommen , wünschen mir alle ein schönes „ Fête de maman“ , also Muttertagsfest. Die Regenwolken haben sich verzogen, ich bekomme Curesolsaft , eisgekühlt, zum Fest. Nachdem ich die wahrlich durchschlagende Wirkung jetzt kenne, trink ich nur 1/3 Flasche- schmeckt so super! Ich wird versuchen, das auch in Deutschland aufzutreiben. Das wäre eine prima Behandlung bei Verstopfung. Spiele mit den Kids. Um kurz nach 16 Uhr fahr ich mit Altagrace los zum Konzert, in dem sie mitsingt. Die Deko wird von Rosi begonnen. Um halb 6 beginnt es zunächst mit ein bißchen Geklimpere auf der Gitarre, nach 15 Minuten sind die Sänger aufgestellt hinter einem Vorhang. Dann beginnt es mit 4 Liedern, Moderation mit sehr lautem Mikrofon, dann nach dem Umziehen ein Tanz von 12 Mädchen. Moderation, das Mikro ist übersteuert bei einem der Moderatoren. bei Rosi dafür zu leise, ich versteh nichts. Dann ein Duo mit Valeur, dann wird an jede Mama ein Zettel mit einer Nummer verteilt und dann 2 verlost. Gewinn: Große herzförmige Päckchen. Das dauert so lange, wie bisher alle Lieder. Wieder Chor ,ein Solo von Valeur erneute Verlosung.. Tanz, Verlosung, eine Frau kommt mit 2 Jungs zu mir und möchte die Examensergebnisse für sie haben. Die Kinder wohnen bei ihr, sie habe die große Schwester geschickt, um sie abzuholen, weil ihr die Beine wehtun und sie nicht so weit laufen könne, aber der wurden sie nicht gegeben. Ich sag ihr, daß ich da nichts machen könne, sie solle Valeur fragen. aber sie redet weiter und weiter in einem sehr guten franzosisch. Die Musik setzt ein, da versteht man nichts mehr. Zum Schluss bedankt sie sich für die gute Schule und Gott solle uns segnen.. Draußen wird es dunkel und ich will nur noch heim. Viele gehen . Nochmal 4 Lieder. ein Gebet und dann ist endlich Schluss. Jetzt weiß ich , wie ein haitianisches Konzert aussieht, eins reicht mir. Die Frau redet immer noch, als Valeur zu mir kommt und sich bedankt, daß ich beim Konzert war. Ich bin froh, die Frau auf ihn verweisen zu können und geh mit Altagrace zum Auto.

31.5.

Ich schreib weiter an meinem Bericht. Um 4 werden 2 Schwangere untersucht, davon eine mit 13 Jahren! und der Verband bei dem Mann mit der Axtverletzung gewechselt—sieht sehr gut aus. Ich check meine Emails—eine Freundin hat sich die Rippen gebrochen—schlecht!-, mein Auto hat einen neuen TÜV- prima!- und irgendjemand hat den Rolladen von meinem Balkon geschrottet—sehr schlecht!- ansonsten nur gute Nachrichten. Anscheinend geht das Impfen in D nur sehr schleppend voran, aber die 3. Welle scheint vorbei zu sein. Die ist in Haiti anscheinend in vollem Gange, es sind einige bekannte Politiker an Corona verstorben, obwohl der Nasenabstrich mehrfach negativ gewesen sei. Noch wurde keine Schulschließung verordnet, aber Valeur und Anke beschließen, das Mittagessen für die Schüler auszusetzen und stattdessen wieder Nahrungsmittelpakete an arme Familien auszuteilen. Das Schuljahr geht normalerweise bis Anfang Juli, dann kommen die 4. Examensarbeiten und dann sind Ferien bis September.

Damit beende ich meinen 2. Teil des Reiseberichts, viel Spaß beim Lesen!



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